Die Tatsache, dass in Vollnkichen einmal ein Brauhaus stand, in dem die Einwohner selbst Bierbrauen konnten, und das 120 Jahre Bestand hatte, war Anlass die Brautradition wieder aufleben zu lassen. Im Braulabor der Brauerei Obermühle in Braunfels wurden 2024 und 2025 neue Braugesellen ausgebildet.
Mit dem Brauen des Festbieres für das Dorffest 2024 haben folgende Braugesellen die Prüfung erfolgreich bestanden: Christoph Abel, Bernd Allendorf, Jens Friedrich, Jürgen Friedrich, Klaus Friedrich, Gerhard Grimm, Klaus Nehmer, Bernd Scheiter, Friedhelm Schreier, Sebastian Weller,
2025 wurde erneut ein Bier für das Dorffest gebraut, diesmal ein „Wiener Lager“. Braugesell(inn)en waren: Jens Friedrich (aufgrund der 2. Teilnahme zum Oberbraugesellen ernannt), Meinhardt Hanika, Kirsten Klippert Andreas Lohrey, Achim Neumann, Udo Pfaff, Clemens Ruppert, Torben Stamm, Karten Watz, Steffi Watz
neue Braugesell(inn)en 2025
Nach einer Einführung durch Braumeister Achim Franzen, ging es auch gleich zur Sache. Schließlich musste der Sud 8 Stunden fertig zubereitet zur Vergärung in den Gärbottich kommen.
1. Malz Schroten:
Im ersten Schritt wurde das Malz geschrotet. Für unser „Wiener Lager“ waren das die vier Sorten Pilsener Mal (20kg), Wiener Malz (80kg), Münchner Malz (4kg) und Cara Blond (14kg). Malzlogistiger Torben war der Mann für die schweren Säcke, Wiegemeister Andreas achtet darauf, dass die Einwaage aufs Gramm genau stimmte. Im nächsten Schritt befeuchteten die Konditioniererinnen Kirsten und Steffi das Malz in großen Eimern mit Wasser. Dadurch wurde erreicht, dass die Spelzen weich wurden und so verhindert, dass sie beim Schroten brechen, was für den späteren Läuterungsprozess wichtig war. Meinhard war der Maschinist an der Mühle und hat Eimer für Eimer Malz durchlaufen lassen.
2. Einmaischen:
Einmaischer Udo hat derweil 360 Liter Wasser in den Maischbottich gepumpt und Einmaischerkollege Karsten das geschrotete Malz Sack für Sack hinzugegeben. Steuerungsbediener Jens hat den Maischebottich auf 55°C hochgeheizt. Alle Arbeitsschritte wurden von Protokollant Clemens festhalten.
Während des Einmaischens erfolgt die enzymatische Aufspaltung der langen Zuckerketten der Stärke in den Malzkörnern durch natürlich vorkommende Enzyme (Amylasen) in kleinere Zuckerbausteine. Die hierbei freigesetzte Maltose, ein Disaccharid aus zwei Glucosemolekülen, ist die Grundlage für die spätere Vergärung.
3. Rast 63°C
Nachdem das ganze Malzschrot eingebracht war wurde der Maischbottich weiter hoch geheizt und für 40 min bei 63°C belassen. Zeit für die Verköstigung eines bereits fertig gebrauten Bieres, das Versorger Achim zapfte.
4. Rast 72°C:
Danach erhöhte Steuerungsbediener Jens die temperatur auf 72°C erhöht, um den a-Amylasen bei einer 2. Rast für 20min optimale Bedingungen zu bieten. Durch die Aktivität der a-Amylase werden innere a1,4-Glykosidbindungen der Stärke gespalten und es entstehen Maltose, Maltotriose und verzweigte Oligosaccharide. Letztere bilden die sog. Grenzdextrine, also Zucker, die nicht weiter zu Maltose abgebaut werden können und von den Hefen nicht vergärbar sind, aber für den Geschmack des späteren Bieres von großer Bedeutung sind.
5. Abmaischen:
Nach Ende der Rast wurde die Maische auf 76°C hochgeheizt und abgemaischt, d.h. über eine Pumpe in den Läuterbottich gepumpt.
6. Läutern:
Läutern bedeutet bei der Würzeherstellung das Trennen der flüssigen von den festen Bestand der Maische. Nach einer kurzen Ruhephase von 5 Minuten (Läuterruhe nach einbringen der Maische) begann das Läutern, ein Prozess, der insgesamt 60 Minuten dauerte. Die flüssigen Bestandteile, die Läuterwürze, fließen dabei dem hydrostatischen Druck folgend in die niedrigerliegende Würzepfanne. Die festen Bestandteile wie Spelz, Grob- und Feingrieße und Mehl setzen sich im Läuterbottich ab und werden durch ein Sieb zurückgehalten. Alle 10 Minuten hat Udo weitere 250 Liter Wasser in Portionen von 50 bzw 75 Liter in den Läuterbottich laufen lassen und Meinhard hat die die abgesetzten Bestandteile, den Treberkuchen, mit einer Art Stechpaddel wieder aufgehackt, so dass weitere Zuckermoleküle aus der Maische herausgelöst werden konnten. Am Ende maß Karten Maß und bestimmte die Höhe des Flüssigkeitsstandes in der Würzepfanne: 92cm. Der im Läuterbottich abgesetzte Treber wurde von Torben mit einer Schaufel ausgescheppt. So schnell, dass selbst Braumeister Achim staunte. Ein Abnehmer dafür stand auch schon bereit, um es als Viehfutter mitzunehmen. Eine kleines Eimerchen Treber landete bei Udo, um es beim nächsten Brotbacken mit unter den Teig zu mischen.
7. Kochen:
Die geläuterte Würze wurde nun für 1h 35min in der Würzepfanne gekocht. Zu Beginn des Kochvorgangs gab Steffi noch den Bitterhopfen (Sorten: Tettnanger und Magnum) dazu. Das Kochen verfolgt 6 Gründe, 1) wird zum Herauslösen der fettlöslichen Lupuline (Bitter- und Aromastoffe) aus dem Hopfen und Überführung in die Würze Hitze/Wasserdampf benötigt (der Fachmann sagt dazu, der Hopfen isomerisiert in dieWürze), 2) tötet das Kochen Keime in der Würze ab, 3) sorgt es für eine Koagulation (Gerinnung) des Eiweiß aus dem Malz, das schlecht für den Geschmack wäre, 4) inaktiviert es die Enzyme, 5) werden unangenehme Schwefelverbindungen (Dimethylsulfit) ausgetrieben und 6) wird dadurch die Stammwürze eingestellt (Zuckeranteil der Würze in %)
Am Ende des Kochens folgte noch die 2. Hopfengabe, die Kirsten vornahm. Diesmal Aromahopfen der Sorte Perle. Braumeister Achim hat noch eine Probe entnommen und die Stammwürze bestimmt. 12,4% zeigte die Meßspindel und lag somit ziemlich nahe an den avisierten 12,5%. Offenbar alles richtig gemacht bisher…
8. Whirlpool:
Zur Klärung der Würze wurde diese aus der Würzepfanne „ausgeschlagen“ und in den Whirlpool gepumpt. Durch ein tangentiales Einpumpen entsteht eine kreisende Bewegung der Würze und ein leichter Strudel. Dieser Effekt sorgt dafür, dass das beim Kochen der Würze geronnene Eiweiß sowie Reste des Hopfens in der Mitte des Whirlpools abgeschieden werden. Die Whirlpoolrast dauerte 25 min. Danach wurde die geklärte Würze oberhalb des Sediments abgepumpt und dem nächsten Schritt zugeführt.
9. Würzekühlung:
Da die Würze im Whirlpool mit ca 95°C viel zu heiß für die Gärung wäre und alle Hefen abtöten würde, muss sie auf ca 25°C heruntergekühlt werden. Dies geschieht mit Hilfe des Würzekühlers, der nach dem Prinzip eines Gegenstromwärmetauschers arbeitet. Von dort aus wurde die Würze direkt in den Gärbottich gepumpt.
10. Gärung:
Als vorerst letzte Amtshandlung hat Andreas die Hefe (Saccharomyces cerevisiae, Stamm Weihenstephan Nr 34 von 1970, W34/70) zugegeben. Den Rest unserer Bierproduktion überlassen wir damit den Hefezellen, die in den nächsten 7 Tagen die Maltose in Alkohol verstoffwechseln.
11. Reifung:
Mit einem geringen Restzuckeranteil wird das Bier dann in den Lagertank überführt. Dort erfolgt noch eine Nachgärung bei der entstehendes CO2 im Bier als Kohlensäure gebunden wird, was später für den prickelnden Geschmack bei Trinken sorgt. Nach weiteren 7 Wochen Reifung ist unser Bier dann bereit zur Abfüllung. Dann werden wir wieder vor Ort sein und unser Bier erstmals verkosten können….
Malzkunde
In einer Rastpause gab noch eine Lektion Malzkunde durch Braumeister Achim: wie wird aus dem Gerstenkorn ein Malzkorn.
Wir erfuhren, dass zum Brauen „zweizeilige Gerste mit Braueignung“ verwendet wird, die im Vergleich zur vierzeiligen Gerste grössere Körner produziert, und die Braueignung durch einen hohen Stärke und niedrigen Eiweißgehalt erreicht wird. Torben steuerte seine Erfahrungen als Anbauer von Braugerste hinzu.
Beim Mälzen wird die Gerste mit Wasser eingeweicht, so dass das Korn zu keimen beginnt. Das Weichgut wird dazu in einer Tenne oder heutzutage in sog. Saladin-Keimkästen ausgebracht und ständig in Bewegung gehalten. Früher, in den Tennen wurde das Weichgut ca 30cm hoch ausgebracht und per Hand gewendet. Das Umschichten wurde als „Haufen wichsen“ bezeichnet. Saladins In dem Saladin-Mälzkasten kann das Weichgut höher ausgebracht werden (ca 60cm) wird mit einem automatischen Wender ständig in Bewegung gehalten und gut durchlüftet.
In dem gekeimten Gerstenkorn bildet sich der Wurzelkeim und wächst bis Tag 7. Dann beginnt der Blattkeim auszutreiben. Dies ist der Zeitpunkt an dem die Keimung unterbrochen werden muss. Dies geschieht durch Feuchtigkeitsentzug, also trocknen der Keimlinge in Darren.
Dazu wird das Malz in 2 Horden aufgebracht und warme Luft strömt von unten durch die Horden
Durch den Keimvorgang werden im ganzen Korn Enzyme aktiviert und gebildet, die später für den Stärke- und Eiweißabbau während des Bierbrauens wichtig sind. In Abhängigkeit vom Trocknungsprozess entstehen dann die typischen Malzaromen. Helles Malz trocknet für kurze Zeit bei niedrigen Temperaturen und dunkles Malz bei langer Zeit und hohen Temperaturen, wodurch intensivere Aromen entstehen.
Die getrockneten Malzkörner werden poliert um die Wurzelkeime zu entfernen und zur Abkühlung in Silos gelagert.
Vereinsgemeinschaft 750 Jahre Vollnkirchen
35625 Hüttenberg
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